Ein Beitrag zum Praktikum von Klarita Perlov:
Ist es wirklich möglich, dass ein Jurastudent sich auf sein Verwaltungspraktikum freut? Für diese Frage würde man von seinen Kommilitonen schief angeschaut werden. Das passierte mir auch, als ich sagte, dass ich mich darauf freue. „Und, war deine Vorfreude umsonst?“ wurde ich neckisch von meinen Mitstudierenden gefragt, als das Praktikum sich dem Ende zuneigte und ich konnte lächelnd „nein“ antworten. Während die meisten sich beschwerten, dass sie zu ihren Bewerbungen keine Antwort erhielten oder die sechs Wochen in irgendeinem kleinen Raum Netflix als Aufgabe hatten, konnte ich anderes berichten. Aber mehr dazu im Folgenden:
Die „schwierige“ Suche beginnt
Der verlockende Drang die Pflichtpraktika hinauszuzögern, betraf im 3. Semester auch mich. Ich wollte mich davon allerdings nicht aufhalten lassen und beschloss das unliebsame Verwaltungspraktikum, nach dem Motto: „Augen zu und durch“, hinter mich zu bringen. Oft hört man von Mitstudierenden, dass man als Kaffeeträger angestellt wird oder schlichtweg seine Zeit im Büro absitzt und sich mit Filmen oder social Media die Zeit vertreibt. Auch hört man von den Schwierigkeiten überhaupt ein Praktikum in der Verwaltung zu finden. All das schreckt Studenten natürlich ab. Hingegen kann ich sagen, dass ich bei der SPD-Fraktion Leverkusen vor solchen Erfahrungen verschont wurde! Zunächst war ich positiv überrascht, dass alle Informationen bezüglich des Praktikums in einem extra Reiter auffindbar sind. Nachdem ich zahlreiche Praktikumsberichte gelesen habe, war meine „Augen-zu-und-durch-Einstellung“ fort und ich wollte mich sehr gerne bewerben. Kaum schickte ich meine Bewerbung ab, bekam ich schon eine Rückmeldung. Auch sehr positiv für ein Verwaltungspraktikum, da die Antwort dort oft auf sich warten lässt. Nach einem Jahr trat ich das Praktikum an und war froh, dass ich mich aufgerafft und diese Praktikumsstelle gefunden habe.
Sehr willkommener Umgang
Viele Studenten kennen das sicherlich: die anfängliche Unsicherheit zu Beginn des Praktikums. Schließlich verbringt man 6 Wochen mit den Leuten und da wäre es ziemlich unvorteilhaft wenn man gleich am Anfang einen schlechten Eindruck hinterlässt. Was kann ich mir erlauben? Was ist zu viel? Was ist zu wenig? Gehe ich jemandem auf die Nerven? Diese Fragen stellte ich mir in den ersten Tagen. Doch ehe ich mich versah, wurden diese überflüssig und kamen mir nicht mehr in den Kopf. Hier wird einem nicht durchgehend auf die Finger geschaut und jeder kleinste Schritt beobachtet. Natürlich sollte eine gewisse Motivation, Bereitschaft und Mühe mitgebracht werden, aber niemand reißt einem den Kopf ab, wenn man Fehler macht oder für eine Aufgabe mehr Zeit benötigt. Man ist wirklich täglich von netten, verständnisvollen und hilfsbereiten Menschen umgeben. Besonders habe ich es wertgeschätzt, dass man als Praktikant einbezogen und bei jeglichen Planungen berücksichtigt wird. Zu erledigten Aufgaben bekam ich Feedback und wenn ich an manchen Stellen nicht weiter wusste, konnte ich problemlos nachfragen. Ebenfalls positiv überrascht hat mich die technische Ausstattung im Büro, denn hier bekommt man ein eigenes Tablet, das man für Homeoffice-Tage mitnehmen darf, sodass man immer top versorgt ist.
Highlights
Von Ausformulieren von Anträgen bis hin zu Ratssitzungen bekommt man alles mit. Auf der Ratssitzung war ich überrascht, dass es wie im alltäglichen Leben hitzige Auseinandersetzungen gibt und es auch dort einzelne Vertreter gibt, die weniger beliebt sind als andere. Es wurde zwischenzeitig auch mal hereingerufen oder kommentiert. Und das ist mir keineswegs negativ aufgefallen, sondern hat mir nur gezeigt, wie nah Politik an den Menschen ist und ,dass nicht alles immer auf den Punkt genau nach Plan laufen muss. Aber damit meine Nachfolger und Nachfolgerinnen sich ein eigenes Bild machen können, verrate ich nicht zu viel! Am besten hat mir jedoch der Empfang im Museum Sensenhammer in Schlebusch gefallen. Neben Aufbauen, hinter der Theke stehen und Abbauen, konnte man sich mit vielen Leuten unterhalten und sich so ein Bild schaffen, wie die Leute so sind, die der SPD angehören. Jede Aufgabe an dem Abend war mit Teamarbeit und Spaß verbunden, sodass die Zeit wie im Schwung verging. Nach „Arbeit“ hatte sich das definitiv nicht angefühlt.
Zu anstrengend?
Als Jurastudentin freue ich mich auch natürlich über Aufgaben, die etwas herausfordernder und mit Denkarbeit verbunden sind. Solche Aufgaben habe ich im Büro auch bekommen: Urteile lesen und diese möglichst nicht juristisch zusammenfassen, Anträge formulieren, Rechercheaufgaben, die oft zeitaufwendiger waren als ich dachte, Niederschriften anfertigen, Social-Media Beiträge schreiben. Aber auch Aufgaben, die manche vielleicht als „langweilig“ abstempeln würden, die ich allerdings zum Ausgleich entspannend fand gab es auch: Akten sortieren, in die man auch einen Blick werfen durfte, Weihnachtskarten falten, einfaches Beobachten. Diese Ausgewogenheit führt dazu, dass man am Ende des Tages nicht mit rauchendem Kopf nach Hause kommt, unfähig Abends noch etwas zu unternehmen. Man wird also insgesamt auf jeden Fall genug gefordert, aber nicht überfordert.
Die Schwierigkeiten der Kommunalpolitik
Leute die selbst in Leverkusen leben, hören sicherlich häufiger mal den Satz: „In Leverkusen wird ja nichts getan“. Vor dem Praktikum hätte ich je nach Gesprächsthema zugestimmt, doch nun würde ich das anders sehen. Es gibt Probleme in der Stadt, die zu lösen sind, an denen jedoch bereits gearbeitet wird. Ich habe gesehen wie viele, mir aus Gesprächen bekannten Themen, in Fraktionssitzungen besprochen wurden und wie viele Rechercheaufgaben, die ich anstellte, solche Themen zum Kern hatten. Veränderungen brauchen Zeit und es gibt keine Stadt, die keine Probleme hat.
Es sind viele „kleine“ Entscheidungen, die für Leverkusen viel bedeuten können. Dabei ist es wichtig auf Bürgerebene zu bleiben und nicht in komplizierten politischen oder juristischen Sprachgebrauch zu verfallen. Es geht darum Politik verständlich zu gestalten und das ist nicht immer einfach. Hinter Kommunalpolitik steckt wesentlich mehr Arbeit und Ehrenamt als man denkt und das verdient mehr Anerkennung und Wertschätzung. Hinter jeder geplanten Veränderung steckt enorm viel Organisation, Diskussion, Besprechungen und und und. Jede Entscheidung ist verbunden mit großer Verantwortung, denn schließlich wirkt sich jede Handlung auf die gesamte Stadt und auf die dort ca. 166.000 lebenden Menschen aus. Da geht nun einmal nicht alles auf Knopfdruck. Die meisten können sich wahrscheinlich nicht vorstellen wie viel Zeit täglich in das Kommunalleben der Stadt investiert wird und wie wichtig diese Arbeit für unsere Stadt ist.
Auch war es praktisch, dass ich in Leverkusen wohne. So konnte ich mir ein gutes Bild von den gegebenen Situationen machen und es fiel mir leichter zu verstehen, worum es geht. Ich fand es auch spannend was in der Stadt, in der ich wohne aktuell passiert und diskutiert wird. Natürlich kann man so etwas im Internet oder in der Zeitung lesen, aber den Prozess solcher Diskussionen und Entscheidungen hautnah mitzuerleben ist meiner Ansicht nach nochmal etwas anderes.
Nervenkitzel und Mitschreibkünste
Zu einem guten Praktikum gehören auch Momente, die einem neu sind und in denen man etwas Nervenkitzel hat. Dazu gehört für mich die Fraktionssitzung, auf der ich mir Notizen machen sollte. Meine ersten Gedanken waren: „Ist ja nicht schwierig, in den Vorlesungen schreibe ich ja auch immer schnell mit, das werde ich bestimmt auch hier genauso gut hinkriegen“. Tja, war dann schon anders als ich dachte. Ich hatte nicht bedacht, dass es in der Vorlesung nur einen Professor gibt, also nur eine Person, die spricht. In der Sitzung waren es mehrere sprechende Personen. Dadurch, dass es sich natürlich um einen Austausch handelt und nicht um einen langsamen Monolog eines Professors, wurde auch zeitweise etwas schneller und emotionaler gesprochen. Da hatte man keine Zeit zu überlegen, wie und was man von dem Gesagten aufschreibt. Ich war einfach froh wenn ich zumindest einen Teil aufschreiben, das Wichtigste herausfiltern konnte und den Namen der Person notieren konnte, die gerade etwas zur Diskussion beigetragen hatte. Am nächsten Tag als ich das Protokoll aus meinen Notizen anfertigen sollte, hatte ich aber das Gefühl, dass das was ich notiert hatte, ausgereicht hat und ich glaube, dass ich die Aufgabe letztlich doch ganz gut hinbekommen habe. Es ist also nichts Unmögliches, aber definitiv für einen Studenten etwas Neues.
Jurasprachgebrauch – ein Hindernis?
Etwas was ich nicht erwartet hatte, war mein zwischendurch zu juristischer Sprachgebrauch, wenn es darum ging Texte zu verfassen. Ich dachte eigentlich, dass ich mich gut davon abgrenzen kann und meine juristische Wortwahl sich auf mein Studium beschränkt. An vielen Stellen war es aber doch zu juristisch, sodass ich einiges umformulieren musste. Vor allem als ich ein Urteil zusammenfassen musste, war das der Fall. Dabei habe ich gemerkt, dass es nicht so leicht ist, etwas sehr komplex juristisch Formuliertes in einfachen Worten wiederzugeben. Das müssen wir im Studium schließlich nicht, da genauso ein Sprachgebrauch verlangt wird. Ich musste also umdenken. Aber ich behaupte mal, dass ich auch das mit viel Hilfe und genügend Zeit hinbekommen habe. Das stellt also auch kein ernsthaftes Problem dar und ist nichts wovor man Angst haben sollte.
Für wen das Praktikum empfehlenswert ist
Ich kann jedem, der nicht gerne einfach nur seine 6 Wochen absitzen will, sondern etwas Neues lernen möchte, dieses Praktikum ans Herz legen! Man bekommt spannende Aufgaben, viele Einblicke in die politische Kommunalarbeit und befindet sich in einem angenehmen Arbeitsklima ,sodass die Zeit wie im Flug vergeht, begleitet von viel Spaß, Interesse und neuen Erfahrungen.