Ein Beitrag zum Praktikum von George Fox:
Das Verwaltungspraktikum ist unter den Jura-Studenten wohl eher einer der unbeliebten Pflichtfelder. Nach dem Motto: Hauptsache mit wenig Mühe hinter sich bringen. Zwei Praktika muss jeder Jura-Student in NRW absolvieren. Während man beim Rechtspflegepraktikum bei Großkanzleien, selbstständigen Anwälte oder Rechtsabteilungen von großen Unternehmen die Praxis vom klassischen Arbeitsfeld der Juristen kennen lernt, steht beim Verwaltungspraktikum wohl eher der klassische Bürojob an.
Man studiert doch nicht jahrelang Jura, um am Ende in der Verwaltung zu sitzen. Keinesfalls ist das als Abwertung vom Bürojob zu verstehen, aber ich glaub die meisten Jura-Studenten wollen wohl eher mit teuren Anzug zum Gericht fahren.
Kampf um einen Praktikumsplatz
Natürlich habe ich mich auch schlau gemacht: Was gibt es hier in meiner Unistadt Bonn und Umgebungen? Wo hat man schon von anderen Studenten schon mal Erfahrungen gehört? Wo wird man wirklich 40 Stunden die Woche als Kaffeemacher oder Aktenschredder benutzt? Manche werden auch einfach in einem winzigen Büro kaltgestellt.
Relativ früh habe ich schon das Praktikumsangebot von der SPD-Fraktion Leverkusen wahrgenommen und auch auf meiner Liste notiert. Während die Antwort der großen Ministerien auf sich warten ließen, rief mich der Fraktionsgeschäftsführer relativ früh an und sagte mir vorläufig zu, aber man müsse noch die Kommunalwahl abwarten. Nach der Kommunalwahl hatten wir dann ein nettes persönliches Gespräch und der Vertrag wurde mir im Verlauf der Woche geschickt.
Als Julian mich anrief waren wir gerade wieder in einer etwas beruhigten Phase der Covid-19-Pandemie. Der Lockdown war vorbei, draußen durfte man sich wieder mit mehr als zwei Leuten treffen, ein Bier draußen in der Stammkneipe mit Freunden war wieder möglich. Ich dachte schon, während der Praktikumszeit wäre wieder mehr Präsenzveranstaltungen möglich.
Die zweite Welle kommt
Als jedoch mein Praktikum losging, sah die Realität anders aus: wir waren wieder inmitten des zweiten Lockdown – ich hatte schon Angst, dass das Praktikum ins Wasser fällt wie ich es schon bei anderen Freunden gehört hatte. Zum Glück konnte für das Praktikum eine Lösung gefunden werden. Das Büro hatte genug Fläche und eine gute Raumeinteilung, sodass man unter Einhaltung der sonstigen Coronaregelungen arbeiten konnte.
Ich war ehrlich gesagt positiv überrascht vom technischen Standard – moderne Tablets, welche sich ganz leicht und schnell mit den Monitor, Tastatur und Maus verbinden lassen können, häufig benutzte Wordvorlagen sind auf einen Server gespeichert. Homeoffice war ohne Probleme möglich, alles wurde mir gestellt.
Was lernt man hier?
Politik spielt beim Jurastudium natürlich eine Rolle. Das Gesetzgebungsverfahren im Bundestag oder die Rechte eines Abgeordneten sind Klassiker im Staatsorganisationsrecht. Im Austausch mit meinen Freunden und Familie ist aufgefallen: Viele wissen gar nicht, wie auf kommunaler Ebene Politik gemacht wird. Was macht der Stadtrat? Was kann der Oberbürgermeister alles alleine machen? Was der Bundestag macht oder wer im aktuellen Bundeskabinett ist, das wissen die meisten. Was aber bei sich Zuhause passiert, da sind oft Wissenslücken.
Nach den Verfassen von vielen Anträgen ist mir klar geworden: hier werden die Themen angegangen, welche die Bürger direkt betreffen. Zum Beispiel: Die Elisenstraße in Küppersteg kenn ich nur zu gut, da ich auch dort wohne. Es ist wirklich eine anstrengend zu fahrende Straße, da man schlecht in sie einsehen kann und Ausweichen bei starker Beparkung und Gegenverkehr schwierig ist. Jetzt wird die Straße hoffentlich zur einer Einbahnstraße gemacht, dass würde mir auch direkt helfen.
Ich kann mir vor allem für das Verwaltungsrecht mehr Sachen konkret vorstellen und die Verwaltungsstruktur innerhalb der Gemeinde besser nachvollziehen.
An meine Nachfolger:innen
Natürlich wollt ihr auch wissen, was euch sonst hier noch erwartet. Ich hab viele Anträge ausformuliert, zu speziellen Themen recherchiert und sonstige Öffentlichkeitsarbeit erledigt wie Pressemitteilungen schreiben. In den Sitzungen der Arbeitskreise oder Fraktion schreibt man noch Protokoll. Insgesamt nichts vor dem man sich fürchten müsste, man wird auch nicht einfach ins kalte Wasser geworfen. Nachfragen sind kein Problem und werden immer freundlich beantwortet.
Die Sachen, die man vorbereitet hat, werden später in den Sitzungen auch wirklich diskutiert. Ich habe in der Zeit einen guten Blick für die aktuellen Themen für diesen Turnus erhalten, aber auch ein Einblick in das Fraktionsleben erhalten. Die gemeinsamen Pausen sind coronabedingt leider ausgefallen, auch habe ich die Mitglieder leider fast nur digital kennen gelernt.
Politik für den Bürger
Während ich hier war, drehte sich alles um den Haushaltsplan 2021. In den Diskussionen in den Sitzungen habe ich gemerkt, dass sozialdemokratische Themen wie Jobticket oder Tarifverträge wirklich wichtig für die Partei Vorort ist. Jedes Mitglied der Partei habe ich als engagiert Teil eines Teams gesehen. Es wurde auch über Themen etwas hitziger diskutiert, aber das gehört auch zu guter Politik mal dazu.
In der Ratssitzung zum Haushalt 2021 war ich auch dabei – zum Glück durfte ich früher gehen. Die Sitzungen begann um 12 und ging wohl noch bis in den tiefen Abend rein. Während der Bund und die Länder am gleichen Abend über weitere Verschärfungen über Ostern diskutieren, wird in Leverkusen stattdessen über den eigenen Haushalt diskutiert.
Dienstwagen für jedes Ratsmitglied!
Ich finde es schade, dass – in meinen Augen – die Kommunalpolitik nicht so viel Anerkennung wie Politik auf Bundes- oder Landesebene erhält. Dort ist jeder Abgeordneter Berufspolitiker und erhält eine Diät, ein Büro und Zuschüsse für Material, Personal und Sonstiges.
Was die meisten nicht wissen, Kommunalpolitik ist 101% Ehrenamt. Fast alle Ratsmitglieder stehen mitten im Berufsleben und haben Familie. Es gibt eine kleine Aufwandsentschädigung, aber diese ist wohl eher ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich zum Aufwand. Ratsmitglieder sind in Ausschüssen, in Aufsichtsräten in den städtischen Unternehmen, in Sitzungen innerhalb der Fraktion sowie natürlich bei den oft langen Ratssitzungen dabei.
Das Praktikum, das letzte formale Pflichtfeld für mein Staatsexamen, ist jetzt endlich hinter mir. Ich bin froh das Verwaltungspraktikum, was oft bei anderen Behörden langweilig ist, bei der SPD-Fraktion gemacht zu haben. Nicht nur habe ich eine jede Menge gelernt, sondern auch ein Team gesehen, welches für sozialdemokratische Themen in Leverkusen kämpft.
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