Ein Beitrag von Iris Springer:
Nun ist es geschehen. Erste-Hilfe-Leisten ist eine Amtspflicht von Sportlehrern. So hat nun der Bundesgerichtshof im Falle eines Schülers aus Wiesbaden entschieden. Ich sprach die Tage mit Claudia, einer Freundin aus Karlsruhe, über dieses Urteil. Wir fragen uns warum es überhaupt zu diesem Urteil kommen musste. Sollte nicht jeder erwachsene Mensch in der Lage in einer Notsituation anderen Menschen zu helfen und Erste-Hilfe-Maßnahmen zu ergreifen?
Die meisten von uns haben einen Führerschein gemacht und dafür einen Erste-Hilfe-Kurs besucht. Grundlegende Kenntnisse müssten bei den meisten also eigentlich vorhanden sein. Meine Freundin erzählte mir, dass sie sogar schon mit 14 Jahren im Rahmen einer Ferienfreizeit so einen Kurs gemacht hat. Durch das frühe Alter und auch intensive Übung habe sie den Schrecken und die Unsicherheit verloren.
Bewusstlos im Auto und keiner hilft
Eigentlich sollten wir wissen, was man tun muss, um Menschen in Not zu helfen. Woran kann es also liegen, dass viele nicht eingreifen und bei Unfällen sogar einfach vorbeigehen oder vorbeifahren?
Claudia berichtete mir von einem persönlichen Erlebnis, dass mir sehr zu denken gab. Sie erzählte, dass sie vor ein paar Jahren mal auf einer Landstraße in Baden-Württemberg im Stau stand. Ihr wurde es plötzlich unwohl. Vielleicht lag es an der warmen Sommerluft. Sie öffnete das Fenster. Danach merkte sie gar nicht, dass sie das Bewusstsein verlor. Zum Glück stand sie ja im Stau und es war kein Gang eingelegt. Wer weiß was sonst hätte passieren können.
Naja, zurück zur Story. Sie war also bewusstlos geworden. Als sie wieder zu sich kam war der Stau weg und sie stand mutterseelenallein mit ihrem Auto auf der Straße. Niemand ist ausgestiegen als sie nicht weiterfuhr, niemand hat nachgeschaut was mit ihr war. Hat sich den niemand die Frage gestellt, warum diese Frau mit geschlossenen Augen im Auto saß und nicht weiterfuhr?
Zum Glück war es nur ein Schwächeanfall, vielleicht hatte Claudia zu wenig getrunken. Keine Ahnung. Es ist zum Glück nicht mehr passiert.
Zu unsicher um Hilfe zu leisten?
Vielleicht waren die anderen Autofahrer einfach ignorant? Vielleicht waren sie aber auch unsicher und wussten nicht wie sie helfen sollten? Schwer zu sagen. Die Angst muss den Leuten aber genommen werden. Mindestens den Notruf hätte man wählen müssen und nicht nur darauf hoffen, dass schon jemand anderes hilft.
Im Falle des Schülers aus Wiesbaden ging es jedoch um mehr. Acht Minuten lag er bewusstlos auf dem Boden. Wiederbelebungsmaßnahmen wurden nicht unternommen. Erst der gerufene Rettungsdienst konnte helfen. Der damals 18-jährige hat schwerste Hirnschäden aufgrund eines Sauerstoffmangels erlitten und ist seitdem schwerbehindert.
Im Bericht des erstversorgenden Krankenhauses ist vermerkt: „Beim Eintreffen der Notärzte bereits acht minütige Bewusstlosigkeit ohne jegliche Laienreanimation“. Ob diese die schweren Schäden am Gehirn verhindert hätten, kann man nicht sicher sagen. Aber es wäre vielleicht eine Chance gewesen.
Ängste überwinden und Hilfe leisten
Vielleicht müssen wir neu denken und früher anfangen, Wissen über stabile Seitenlagen, Beatmung und Herzdruckmassage zu vermitteln. Vielleicht würden frühzeitige Schulungen oder sogar ein Erste-Hilfe-Unterricht in der Schule Kindern die notwendige Sicherheit und das Wissen geben, um sich auch in Zukunft richtig zu verhalten. Notfallmediziner und Wohlfahrtsverbände, wie das Deutsche Rote Kreuz, haben jedenfalls die flächendeckende Einführung von Erste-Hilfe-Unterricht an Schulen gefordert.
Die Bundesländer sind hier gefordert. Sie entscheiden über die Lehrpläne der Schulen. Sie können entscheiden ob Erste Hilfe und Zivilcourage Teil der Unterrichtseinheiten werden. Am Ende besteht die Hoffnung, dass die nächsten Generationen nicht einfach unsicher wegschauen, vorbeifahren oder nicht mal eine Rettungsgasse bilden.
Kurse und Informationen
Letztlich helfen nur Wissen und der Mut zum Helfen. Denn eins muss klar sein: Grundsätzlich kann man nichts verkehrt machen bei der Ersten Hilfe. Schlimm ist es nur, wenn man gar nichts macht. Selbst bei Gewissensbissen, mit verletzten Menschen zu arbeiten, an sie heranzutreten, gibt es immer noch die Möglichkeit, den Notruf zu wählen und den Patienten einfach nur zu betreuen.
Wenn das eigene Wissen über die stabile Seitenlage, Beatmung und Herzdruckmassage nicht mehr so gut sind, dann kann man sich einfach informieren oder auch selbst noch mal einen Kurs machen. Vielleicht einfach mal beim DRK, den Johannitern oder den Maltesern anrufen. Um die Webseiten der Hilfsdienste zu erreichen klicken Sie einfach auf die Namen 😉
Eine gute und schnelle Information zur Ersten Hilfe findet Sie auch auf dieser Seite der Malteser… (einfach klicken)
Wir können alle etwas tun. Helfen Sie, wenn ein Mensch in Not ist.
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